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Morbus Gaucher

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1. Morbus Gaucher im Überblick

Morbus Gaucher ist eine angeborene, chronisch fortschreitende Stoffwechselstörung, bei der die Betroffenen über zu geringe Mengen des lysosomalen Enzyms β-Glukozerebrosidase verfügen. Dieses Enzym hilft dem Körper normalerweise beim Abbau von Glukozerebrosid, einem in den Lysosomen der Makrophagen (Fresszellen) gespeicherten Fettstoff. Bei fehlender oder unzureichender Enzymaktivität kommt es zu einer fortlaufenden Anreicherung von Glukozerebrosid innerhalb dieser Zellen. Diese schwellen daraufhin stark an und lagern sich als sogenannte „Gaucher-Zellen“ vor allem in Milz, Leber und Knochen ab. In der Folge kommt es zu Vergrößerungen und Funktionsstörungen der betroffenen Organe. Das führt zu einer Vielzahl von Symptomen, die zu jeder Zeit, vom frühen Kindes- bis ins hohe Erwachsenenalter auftreten können. Morbus Gaucher ist die häufigste der rund 50 sogenannten lysosomalen Speicherkrankheiten. Schätzungen zufolge ist etwa eine von 40.000 bis 100.000 Personen der Gesamtbevölkerung an Morbus Gaucher erkrankt.

2. Symptome

Die unterschiedlichen Symptome von Morbus Gaucher resultieren aus der fortschreitenden Einlagerung von Gaucher-Zellen im Körper. In der Regel sammeln sich Gaucher-Zellen vorrangig in Milz, Leber und Knochenmark an. Nur in seltenen Fällen können sie sich in anderen Geweben, beispielsweise im lymphatischen System, in Lunge, Haut, Augen, Niere, Herz sowie im Nervensystem anreichern. Die Symptomatik, die oft heterogen ausgeprägt ist, kann zu jeder Zeit altersunabhängig auftreten.

Nicht jeder Patient, der an Morbus Gaucher erkrankt ist, entwickelt die gleichen Symptome. Zudem können Art und Schwere der Erkrankung stark variieren: Während manche Betroffene erst spät Symptome ausbilden, können andere schon in der Kindheit lebensbedrohliche Zustände entwickeln. Bleibt die Krankheit unbehandelt, können sich irreversible Schädigungen entwickeln. Zusätzlich führen Allgemeinbeschwerden wie Müdigkeit, Leistungsminderung und Infektanfälligkeit zu einer deutlichen Reduzierung der Lebensqualität.

3. Diagnostik

Eine genaue und definitive Diagnose von Morbus Gaucher kann durch einen einfachen Trockenbluttest, der die Aktivität des Enzyms β-Glukozerebrosidase misst, erfolgen. Bei Gesunden zeigt der Test eine normale Enzymaktivität; bei Betroffenen ist die Enzymaktivität stark vermindert.

Bei typischen Symptomen und eindeutig verringerter Enzymaktivität sind weitere diagnostische Untersuchungen von Knochen, Leber oder Milz nicht erforderlich. Ein Gentest kann zusätzliche Informationen liefern, ist aber nicht zwingend notwendig.

Entscheidend für eine frühzeitige Diagnose ist, dass der behandelnde Arzt überhaupt an die Möglichkeit dieser seltenen Erbkrankheit denkt, um die notwendigen Untersuchungen zu veranlassen. Viele Symptome können fälschlicherweise anderen, häufig vorkommenden Krankheiten zugeordnet werden. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kann dies zu irreversiblen Schäden führen.

Deshalb helfen Früherkennung und frühe Intervention den Betroffenen, ein möglichst normales und beschwerdefreies Leben zu führen.

4. Therapie

Für Morbus Gaucher steht seit vielen Jahren eine kausale Enzymersatztherapie (enzyme replacement therapy, ERT) zur Verfügung. Dabei wird das fehlende Enzym ß-Glukozerebrosidase biotechnologisch hergestellt und dem Körper durch eine Infusion zugeführt. So können die in der Gaucher-Zelle abgelagerten Glukozerebroside abgebaut werden. Die kausal in allen betroffenen Organsystemen wirkende Infusionstherapie erfolgt regelmäßig und ein Leben lang.

Seit 2015 steht zusätzlich eine orale Substratreduktionstherapie zur Verfügung. Der Wirkmechanismus beruht auf der hochspezifischen Hemmung des Enzyms, das für die Entstehung des Substrats Glukozerebrosid verantwortlich ist. Im Zusammenwirken mit der noch vorhandenen Restenzymaktivität im Körper des Patienten wird so der pathologischen Anreicherung von Glukozerebrosid vorgebeugt.