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Kommunikation, Struktur, Entlastung: Was Marketing leisten kann

Gutes Marketing ist nicht nur für Privatärzte wichtig. Auch Kassenordinationen profitieren – durch klare Kommunikation, digitale Tools und eine Online-Präsenz. Mit einfachen Maßnahmen lässt sich die Sichtbarkeit erhöhen und der Praxisalltag entlasten.

Das Wetter in Grado war nicht besonders freundlich am Nachmittag des 31. Mai 2024. Umso mehr zog es an den 33. Ärztetagen teilnehmende Medizinerinnen und Mediziner ins Grand Hotel Astoria. In Vortrag und Diskussion sollte eine Frage geklärt werden, die viele „Niedergelassene“ bewegt: Kann, soll, muss ich mehr tun, um bekannt zu werden? Um meine Patientinnen und Patienten mit Infos zu versorgen? Um Arbeit von meinem Stab abzuwenden, die genauso gut von Software erledigt werden kann? Die Antworten auf diese Fragen kamen von Verena Gottwald von der Agentur focuspro in Linz. Gottwald bezeichnet sich selbst als „Social Media Manager“. Sie hat schon vielen Ordinationen geholfen, sichtbarer zu werden.
 

Marketing auch für volle Kassenordinationen

Aber brauchen überlaufene Kassenordinationen überhaupt Marketing? Ja, sagt Gottwald: „Es geht ja nicht nur darum, neue Patienten und Patientinnen zu gewinnen. Marketing hilft, Abläufe klar zu kommunizieren; Patientenströme zu steuern; Erwartungen an die Leistungen der Ordi zu managen. Wer sich auf einer informativen, einladenden Website als Arbeitgeber präsentiert, findet leichter neue Mitarbeiter.“ Das Minimum sind klare Öffnungszeiten, Kontaktdaten, Adresse und eine kurze Beschreibung der Leistungen. Wichtig sei auch, das Team vorzustellen - das schaffe Vertrauen.

Fazit: Gutes Marketing über die eigene Website kann in Kassenordinationen helfen, den Aufwand leichter zu stemmen.

Verena Gottwald, focuspro: Auch überlaufene Kassen-Ordinationen können sich mit Marketing das Leben einfacher machen…
Verena Gottwald, focuspro: Auch überlaufene Kassen-Ordinationen können sich mit Marketing das Leben einfacher machen…

Mehr Sichtbarkeit für Wahl- und Privat-Ärzte

Noch bedeutender ist Marketing - also der Hinweis auf das, was man anzubieten hat - bei Wahlarzt- und Privatordinationen. „Wahlärztinnen und Privatordinationen müssen deutlich aktiver für sich werben als Kassenpraxen“, sagt Verena Gottwald. Es gehe vor allem um Patientengewinnung und Vertrauensaufbau. „Eine professionelle Website ist dabei unverzichtbar“, betont sie. Diese solle Leistungen und Spezialisierungen klar darstellen und regelmäßig mit Inhalten gefüllt werden. Je detaillierter, umso einladender. Leichte Erreichbarkeit sei dabei das A und O: „Wer Interessierte dazu zwingt, sich umständlich im Internet anzumelden, wird weniger Erfolg haben als jemand, der einladend Mailadresse und Telefonnummer zur Verfügung stellt.“

„Auch Social Media kann eine wichtige Rolle spielen“, so die Marketingexpertin. Ärztinnen und Ärzte könnten dort Einblicke geben, Tipps teilen und so Vertrauen schaffen. Blogbeiträge oder Fachartikel können helfen, Kompetenz sichtbar zu machen. Manche Ärztinnen und Ärzte würden sogar Podcasts starten oder Bücher veröffentlichen, um ihre Expertise zu zeigen, sagt Gottwald.

Suchmaschinenoptimierung (SEO) sei schließlich ein zentrales Werkzeug, ergänzt Gottwald. Wer bei Google gut gefunden werde, habe höhere Chancen, dass hilfesuchende Menschen gezielt die Praxis wählen. Dafür sei allerdings die Expertise von Fachleuten nötig.

Marketing entlastet den Praxisalltag

Michael Wilke ist ein alter Hase in Sachen Ärzte-Marketing. Seine Agentur Designtiger betreut derzeit 300 Ärztinnen, Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten bei ihren Internetauftritten. Wie Verena Gottwald ist auch Wilke davon überzeugt, dass selbst überlastete Ordinationen durch kluges Marketing gewinnen können.

Sein Rat:

  • Stellen Sie Öffnungszeiten, Impfzeiten und Informationen zu Dauermedikation gut sichtbar auf die Website.
  • Bieten Sie Online-Formulare für Rezepte oder Medikamentenbestellungen an. So kann Ihr Team Bestellungen abarbeiten, wenn Zeit ist – statt ständig Telefonate anzunehmen.
  • Platzieren Sie aktuelle Informationen prominent auf der Startseite (z.B. „Covid-Impfstoff verfügbar“).
  • Nutzen Sie vorhandene E-Mail-Adressen, um Patientien über neue Leistungen zu informieren.
  • Stellen Sie sich als Dienstleister dar, der auf seine Patienten zugeht.
     

„Ohne Website sind Sie unsichtbar“

Noch wichtiger als für Kassenordinationen sei Marketing im Internet und darüber hinaus für Wahl- und Privatärzte: „Ohne Webseite, Google Maps und Bewertungen im DocFinder sind Sie unsichtbar“, warnt Wilke. Sein Ratschlag:

  • Bauen Sie eine professionelle Website auf, die Ihre Spezialisierung zeigt.
  • Sichern Sie sich einen Google-Maps-Eintrag und bitten Sie zufriedene Patienten um Bewertungen.
  • Stellen Sie Ihr Team ausführlich vor.
  • Geben Sie konkrete Auskunft über Procedere und Kosten einer Behandlung.
  • Erzählen Sie, warum Sie Arzt geworden sind und wofür Ihre Praxis steht – das stärkt die persönliche Marke.
Michael Wilke, designtiger: Ohne Präsenz im Internet bleiben Wahl- und Privatärzte unsichtbar.
Michael Wilke, designtiger: Ohne Präsenz im Internet bleiben Wahl- und Privatärzte unsichtbar.

„Wartezimmer TV“ unterhält und informiert

Die Wartezeit in der Ordination ließe sich doch hervorragend für Informationen an Patientinnen und Patienten nutzen - dachte sich Michael Richter und gründete in Linz die Firma „y-doc“ mit ihrem Produkt „Wartezimmer TV“. Dabei handelt es sich um ein buntes, kurzweiliges Nacheinander von

  • einem individuellen Praxisprogramm nach den Vorgaben einer Ordination,
  • bezahlten Einschaltungen von medizinrelevanten Produkten,
  • allgemein nützlichen Infos wie Pollenwarndienst, tagesaktuelle Nachrichten, Wetterbericht …;
  • und in Wien außerdem Informationen der Ärztekammer.

Mitteilungen aus der Ordination (Impfprogramme, Sonderleistungen, Urlaubstage …) können mithilfe einer speziellen Software in der Ordination selbst erstellt werden. Wer diese Möglichkeit scheut, wird in ganz kurzer Zeit von y-doc serviciert. Die Bildschirme von „Wartezimmer TV“ sind online mit dem y-doc-Server verbunden.

„Wartezimmer TV“ geht auf die vermuteten Interessen der Patientinnen und Patienten ein. Das Programm ist optimiert auf jeweils eine von 19 medizinischen Fachrichtungen; bietet 51 Schwerpunkte an (etwa Anti-Aging, Osteoporose, Sportmedizin …); und konzentriert sich auf Informationen aus dem jeweiligen Bundesland (www.y-doc.at).

Weitere Anbieter von Infosystemen fürs Wartezimmer sind „Erfolgspraxis“, InfoPI und IT4MED.

Michael Richter, y-doc: Wartezimmer TV informiert Patienten mit vom Arzt ausgewählten Infos.
Michael Richter, y-doc: Wartezimmer TV informiert Patienten mit vom Arzt ausgewählten Infos.

Ungebetene Kritik im Netz – ein wachsendes Problem

„Es gibt zwei Arten von Marketing – das eigene und das, das Missliebige gegen einen machen.“ Dieser zynische Spruch aus der Werbebranche trifft leider auch auf Ärztinnen und Ärzte zu. Wer eine Ordination in Österreich betreibt, taucht automatisch auf Plattformen wie DocFinder oder Google Maps auf. Und dort können angebliche Patientinnen und Patienten – oft anonym – vernichtende Bewertungen abgeben. Was tun, wenn der eigene Ruf leidet? 

Rechtsanwalt Alexander Koukal von der Wiener Kanzlei Höhne, In der Maur und Partner kennt die Sorgen von Ordinationsbetreibern. Sein wichtigster Rat: „Übernehmen Sie Ihr Profil aktiv und gestalten Sie es selbst. Wer die Informationen dort in die Hand nimmt, kann vieles steuern.“ 

Koukal empfiehlt drei Grundregeln:

  • Profil übernehmen: Die eigenen Daten einpflegen und aktuell halten.
  • Meinungen akzeptieren: „Man muss lernen, subjektive Bewertungen und neutrale Einträge hinzunehmen.“
  • Grenzen ziehen: Überzogene Beschimpfungen oder falsche Tatsachenbehauptungen muss sich niemand gefallen lassen (siehe Kasten).
     
Alexander Koukal, Kanzlei Höhne, In der Maur und Partner: Sachliche Kritik muss man dulden, gegen Böswilliges sollte man klagen.
Alexander Koukal, Kanzlei Höhne, In der Maur und Partner: Sachliche Kritik muss man dulden, gegen Böswilliges sollte man klagen.