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Patientenzufriedenheit ist messbar

Patientenbefragungen sind unerlässliche Werkzeuge zur Sicherung der Ordinationsqualität. Dabei orientiert sich die Wertschätzung der Patienten an überraschenden Kriterien.

© Springer Wien
© Springer Wien

Für viele niedergelassene Ärzte und Ärztinnen gibt es nur einen Gradmesser, an dem sie die Zufriedenheit der Patienten festmachen: Die Anzahl der e-Card-Steckungen. Und die sind – in der Regel – bei allen Kassenordinationen am oberen Ende der Kapazitätsskala. „Die Kriterien, nach denen Patienten ihren Hausarzt beurteilen, sind starken Veränderungen unterworfen“, erzählt Ralf Elser. Der Consulting-Spezialist aus dem oberösterreichischen St. Wolfgang hat über die Jahrzehnte zahllose Patientenbefragungen durchgeführt. Dabei kam es nicht selten zu – für die Auftraggeber – überraschenden Ergebnissen: „Die Dienstleistungsqualität des gesamten Ordinationsteams tritt immer stärker in den Vordergrund“, erzählt Ralf Elser. Empfang, Terminvergabe, Atmosphäre, Wartezeit, Erinnerungs-SMS, aber besonders das Auftreten von Ärztin und Arzt machen Eindruck. Äußerlichkeiten wie gefällige Einrichtung oder moderne Ausstattung werden hingegen als selbstverständlich wahrgenommen. Die Qualität der Behandlung – in der Regel im Fokus der ärztlichen Selbstbetrachtung – wird selten hinterfragt. Die Patienten hätten „ein Ur-Vertrauen in die fachliche Kompetenz der Ärzteschaft“, so Elser. Voraussetzung sei, dass der Patient sich als solcher wahrgenommen fühlt und nicht das Gefühl erhält, durchgeschleust zu werden. Daher rät Elser, die Entwicklung der Ordination „nicht nur von den persönlichen Eindrücken und Gesprächen abhängig zu machen.“ Schließlich änderten sich die Ansprüche und Forderungen der Patienten ständig. Eine anonymisierte Befragung ergebe andere Resultate als das persönliche Gespräch, in dem Patienten meist mit ihrer wahren Kritik hinter den Berg halten. 

Qualität braucht Kontrolle

Patientenbefragungen sind kein Selbstzweck. Sie sind Fundament für künftige Entscheidungen und Messlatte für vergangene Leistungen. Zudem wird die Patientenbindung gefördert: Laut Untersuchungen des Salzburger Praxis-Consulters Rinner & Partner ist es bis zu fünf Mal teurer, einen neuen Patienten zu gewinnen, als einen bestehenden zu halten. Und drei Viertel aller Patientenwechsel zu anderen Ärzten passieren aufgrund des mangelnden Services. Freundlichkeit, Wartezeiten, Sauberkeit und fehlende Informationen werden dabei als neuralgische Punkte genannt. Fühlt der Patient sich wohl, erhöht das seine Bereitschaft, auch Kritik zu üben, falls ihm doch einmal etwas nicht gefällt. Und es verbessert die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten die Ordination auch außerhalb der Kassenleistungen als Privatpatienten konsultieren. Im anderen Fall erlebt der Arzt nur eine Konsequenz: Der Patient bleibt einfach weg und der Ordinationsbetreiber weiß nicht, warum. 

Welches Format?

Die Entscheidung, ob die Erhebung digital oder klassisch-analog durchgeführt werden soll, ist eine einfache. Das meint zumindest der Düsseldorfer Praxisberater Klaus-Dieter Thill (www.ifabs.de). Er empfiehlt in seinem Blog eine Kombination aus analogem, sprich papierenen und digitalem Fragebogen: Das digitale Modell bietet sich für eine Dauerbefragung an, bei der allgemein interessante Parameter wie Wartezeiten, Terminvergabe oder Telefonkommunikation abgefragt werden. Patienten wählen sich dabei über einen QR-Code per Smartphone direkt in den Fragebogen ein. Entsprechende Codes hängen in der Ordination aus. Gleichzeitig verlinkt die Ordinationshomepage zum Fragebogen, wobei hier die Rückläufe in der Regel bescheiden bleiben. Ebenfalls zu beachten: Bei Online-Befragungen besteht das Risiko, dass die Patienten aus einer emotionalen Veranlassung aktiv werden: Wer glaubt, zu lange warten zu müssen, nützt eher die intuitive Kritikmöglichkeit eines digitalen Fragebogens, den er noch im Wartezimmer ausfüllt, als dass er zu Papier und Stift greift. Für die Auswertung bedeutet dies, dass digitale Ergebnisse meist mit einer gewissen Kritiklastigkeit versehen sind. Daher sollte für eine balancierte Praxisanalyse immer zusätzlich ein Papierfragebogen erstellt werden.
Im Vergleich zur digitalen Version benötigt der Papierfragebogen weniger Zeit und das Praxisteam behält die Kontrolle über die Ausgabe und das Ausfüllen. Die Bögen sollten am Empfang an ankommende Patienten verteilt werden. 
 

Die Umsetzung

Patientenbefragungen sind umso erfolgreicher, je glaubhafter die Anonymität zugesichert werden kann. Der Rücklauf ist am höchsten, wenn Patienten den Fragebogen gleich im Warteraum ausfüllen und in eine Box an einer nicht einsehbaren Stelle des Warteraums einwerfen. Um eine sinnvolle Analyse durchführen zu können, sollten mindestens 50 ausgefüllte Fragebögen als Rücklauf zu verzeichnen sein. Jede Zahl darunter würde keine signifikanten Rückschlüsse erlauben. Wichtig: Der Fragebogen soll in weniger als zehn Minuten ausgefüllt werden können. Ein höherer Zeitaufwand bedeutet für den Patienten eine Belastung.  Patientenbefragungen sollten bei den Praxen regelmäßig auf dem Programm stehen. Praxisberater raten zu jährlichen Abständen, um die Ergebnisse mit vorangegangenen Erhebungen vergleichen zu können. Praxisberater Klaus-Dieter Thill ist überzeugt, dass sich die Patientenzufriedenheit binnen weniger Quartale spürbar steigern lässt, wenn die Ordinationen konsequent mit den Ergebnissen der Befragungen arbeiten. 

Fragen kostet nichts – es lassen sich online unzählige Beispiele von Patientenfragebögen finden – lassen Sie sich inspirieren! 
 

Autor: Josef Ruhaltinger