Bei einer Muskelschwäche in Verbindung mit einer unklaren persistierenden Hyper-CK-ämie [s. Symptome erhöhter Kreatinkinase (CK)-Wert] sollte bei Ärzt*innen ein Verdacht auf Morbus Pompe aufkommen. Diesem sollte immer nachgegangen werden, da eine spezifische Morbus Pompe Behandlung verfügbar ist.1,2

Die Differenzialdiagnosen des Morbus Pompe hängen vom Alter bei Erkrankungsbeginn ab und umfassen vor allem weitere neuromuskuläre Erkrankungen.1,2

Untersuchungsmethoden

Im Rahmen der Suche nach den Ursachen für die Muskelschwäche kommen die Elektromyographie (EMG), ein Muskel-Magnetresonanztomographie (MRT) und ggf. eine Muskelbiopsie zum Einsatz. Bei Hinweisen auf eine Atemmuskelschwäche ist eine Polysomnographie die Methode der Wahl.

Ursache für die Muskelerkrankung Morbus Pompe ist ein vererbter Mangel des Enzyms saure ɑ-1,4-Glukosidase. Entsprechend lässt sich die Diagnose zum Beispiel durch den Nachweis einer verminderten Enzymaktivität und anschließender konfirmatorischer Genetik stellen (s. Morbus Pompe Test).1,2

    Auffällig bei Morbus Pompe kann ein myopathisches Muster mit pseudomyotonen Entladungen, Fibrillationspotenzialen und monophasischen positiven Wellen ohne Veränderungen der motorischen und sensorischen Reizleitung sein.3 Cave: Bei erwachsenen Pompe-Patient*innen können einige Muskelgruppen aber auch normale Messdaten ergeben.

    In der Muskelbiospie kann sich eine vakuoläre Speicherung von Glykogen zeigen, die das Muskelgewebe zunehmend zerstört. Doch auch hier gilt, dass sich das Muskelbild sehr heterogen darstellen kann, von Muskeln, die nicht oder wenig betroffen sind, bis zu stark betroffenen Muskeln.3,4

    Eine Muskelbiopsie allein ist daher nicht für den Nachweis eines Morbus Pompe geeignet3 und die früher übliche Diagnosesicherung durch eine Muskelbiopsie bzw. durch Kultur bioptisch gewonnener Fibroblasten ist heute nicht mehr erforderlich.

    Die zunehmende Atemmuskelschwäche manifestiert sich bei Patient*innen mit Morbus Pompe häufig zuerst als nächtliche Atemstörung mit Symptomen wie morgendlichen Kopfschmerzen und/oder Tagesmüdigkeit.5 In einigen Fällen kann diese Symptomatik auch als führend auftreten.6 Solche Symptome sollten daher Anlass geben, nach der Schlafqualität zu fragen und ggf. eine Untersuchung im Schlaflabor zu veranlassen.

    In der Polysomnographie fallen zyklische Entsättigungen – initial nur im REM (Rapid-Eye-Movement)-Schlaf, später auch in anderen Schlafphasen – auf. Die Zwerchfellschwäche demaskiert sich vor allem im REM-Schlaf, da in dieser Schlafphase hauptsächlich das Diaphragma die Atemarbeit leistet. Dies führt zu einer insbesondere REM-Schlaf assoziierten alveolären Hypoventilation mit konsekutivem pCO2-Anstieg und pO2-Abfall.5,6

    Kreatinkinase (CK): Fast immer ist bei Patient*innen mit der Muskelerkrankung Morbus Pompe die CK erhöht (s. Symptome erhöhter CK-Wert). Ärzt*innen sollten daher diesen Wert bei der Diagnostik unbedingt erfassen.

    Transaminasen (im Laien Sprachgebrauch manchmal „Leber-Enzyme“ genannt): Die Aspartat-Aminotransferase (AST; veraltet Glutamat-Pyruvat-Transaminase, GPT), Alanin-Aminotransferase (ALT; veraltet Glutamat-Oxalacetat-Transaminase, GOT) kommen auch im Muskel vor und sind wie die Laktatdehydrogenase (LDH) häufig ebenfalls erhöht.3

Zeit von Symptombeginn bis Diagnose

Entsprechend der Verlaufsform ist auch die Zeit zwischen Auftreten erster Symptome und dem Zeitpunkt der Diagnosestellung unterschiedlich.

Diagnosezeit infantile Verlaufsform

Bei Säuglingen mit „klassischem“, infantilem Morbus Pompe (IOPD: infantile-onset Pompe Disease) liegen meist 2 bis 3 Monate zwischen dem Auftreten erster klinischer Symptome und dem Zeitpunkt der Diagnosestellung. Nach weiteren 2 bis 3 Monaten ohne Behandlung versterben die Kinder.7,8,9

Die Möglichkeit einer spezifischen Therapie macht die frühzeitige Diagnosestellung und den umgehenden Therapiestart besonders dringlich, da bereits Tage den Zustand der schwer betroffenen Kinder drastisch verändern können, sodass eine wirksame Therapie unter Umständen zu spät kommen kann. Zudem spielen in der Therapie dieser Verlaufsform immunologische Probleme häufig eine besondere Rolle, die sich möglicherweise durch einen Therapiebeginn möglichst kurz nach Geburt verhindern oder reduzieren lassen.

Diagnosezeit juvenile/adulte Verlaufsform

Der Weg zur Diagnose ist für viele Morbus Pompe Patient*innen mit juveniler oder adulter Verlaufsform lang und führt sie zu verschiedenen Fachärzt*innen. Die Symptome sind unspezifisch und variieren hinsichtlich des Schweregrads und der Verlaufsform; sie können auch bei vielen anderen Muskelerkrankungen vorkommen, wie z.B. bei der Gliedergürteldystrophie. Die Diagnosestellung erfolgt häufig um viele Jahre verzögert, im Durchschnitt 7 Jahre oder sogar mehr.11,12 In diesem Zeitraum kann sich der Zustand der Betroffenen verschlechtern.

Sicherung der Diagnose

Wenn die Anamnese/Befragung sowie die klinischen Symptome und die laborchemische Untersuchung im Rahmen der Diagnostik Hinweise auf die lysosomale Speicherkrankheit Morbus Pompe liefern, sollten Ärzt*innen die Krankheit möglichst rasch nachweisen bzw. die Diagnose ausschließen. Denn für diese seltene angeborene Krankheit steht eine spezifische Morbus Pompe Behandlung zur Verfügung. Die Diagnose kann zum Beispiel durch den Nachweis einer verminderten Enzymaktivität und anschließender konfirmatorischer genetischer Analyse gestellt werden (s. Morbus Pompe Test).4,10

    1. Hirschhorn R, Reuser AJJ. McGraw Hill, 2001:3389-3420
    2. Kishnani PS et al. Genet Med 2006; 8: 267-288
    3. American Association of Neuromuscular & Electrodiagnostic Medicine (AANEM). Muscle Nerve 2009; 40: 149-160
    4. Hundsberger T et al. Schweiz Arch Neurol Psychiat 2010; 161: 55-59
    5. Mellis U et al. Resp Med 2009; 103: 477-484
    6. Boentert M et al. Int J Mol Sci 2016; 17: 1735
    7. Pompe Registry; Pompe Registry Annual Physicians Report 2012; 24 Seiten
    8. Kishnani PS et al. J Pediatr 2006; 148: 671-676 
    9. van den Hout HM et al. Pediatrics 2003; 112: 332-340
    10. Schüller A et al.  Nervenarzt 2013; 12: 1467-1471
    11. Lukacs Z et al. Neurology 2016; 87: 295-298
    12. Müller-Felber W et al. Neuromuscul Disord 2007; 17: 698-706
    13. Kishani PS et al. Am J Med Genet 2013 ;61: 2431-2443