Als erbliche metabolische Myopathie gehört die Pompe Erkrankung zu den neuromuskulären Erkrankungen.1,2 Diese umfassen per Definition Erkrankungen von Motoneuronen, ihrer peripheren Nervenfasern, Störungen der Signalübertragung an der neuromuskulären Synapse sowie Erkrankungen der Muskeln selbst.3 Verkürzt werden auch die Begriffe Muskelkrankheiten oder Muskelerkrankungen verwendet. Kardinalsymptom ist die Muskelschwäche.

Die Häufigkeit jeder einzelnen Erkrankung ist gering – die meisten neuromuskulären Erkrankungen zählen zu den seltenen Erkrankungen. Insgesamt geht man von etwa 800 verschiedenen Formen von neuromuskulären Erkrankungen aus (www.dgm.org/muskelerkrankungen). In der ICD-10 Klassifikation finden sie sich in Kapitel VI (Krankheiten des Nervensystems).

Heilbar sind neuromuskuläre Erkrankungen in aller Regel nicht. Für alle Patient*innen spielt die supportive Therapie wie Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie oder Reha eine wichtige Rolle. Spezifische Medikamente sind nur für wenige dieser Erkrankungen verfügbar, darunter für Morbus Pompe (s. Morbus Pompe Behandlung). Eine Behandlung in einem spezialisierten Versorgungszentrum oder einer Spezialambulanz einer Klinik mit einem interdisziplinären Behandlungsteam ist sinnvoll.

Klassifikation der neuromuskulären Erkrankungen

Die Einteilung der neuromuskulären Erkrankungen erfolgt üblicherweise nach dem Ort der Störung in Vorderhornzellerkrankungen, Neuropathien, Endplattenerkrankungen und Myopathien. Sie sind überwiegend erblich bedingt, können aber auch durch Stoffwechselkrankheiten, Autoimmunprozesse, Infektionen, Toxine, Ischämien oder Traumata verursacht werden. Die Krankheitsbilder sind aufgrund der vielfältigen Ursachen sehr unterschiedlich. Morbus Pompe fällt in die Gruppen der metabolischen Myopathien.1,2

Vorderhornzellen­erkrankungen
(Schädigung der bulbären oder spinalen Motoneurone)
Neuropathien
(Schädigung des Axons der bulbären oder spinalen Motoneuronen)
Endplattenerkrankungen
(Störung der Signalübertragung an der neuromuskulären Synapse/Endplatte)
Myopathien
(Schädigung des Muskels)
  • Amyotrophe Lateralsklerose
  • Spinale Muskelatrophie
  • Poliomyelitis, Postpolio-Syndrom
  • Neurale Muskelatrophien (Charcot Marie Tooth)
  • Myasthenia gravis
  • Lambert-Eaton-Syndrom
  • Muskeldystrophien
  • Kongenitale Myopathien
  • Metabolische Myopathien
  • Ionenkanalerkrankungen
  • Myositiden
  • Toxische Myopathien

Tab.: Klassifikation neuromuskuläre Erkrankungen und Beispiele,nach 3

Diagnose bei neuromuskulären Erkrankungen

Die Diagnose und Differentialdiagnose neuromuskulärer Erkrankungen gehört aufgrund der zahlreichen unterschiedlichen Krankheitsbilder und der Seltenheit der einzelnen Erkrankungen zu den großen Herausforderungen in der Neurologie.

  • Anamnese / Basisuntersuchung: Die Anamnese in Verbindung mit der allgemeinen, neurologischen und neurophysiologischen Untersuchung (Elektroneurographie, Elektromyographie) erlaubt meist bereits eine Eingrenzung des Verdachts auf die einzelnen Gruppen der neuromuskulären Erkrankungen.
  • Labordiagnostik: Bei dieser liegt der Fokus auf einer Reihe von Muskelparametern; vor allem der Kreatinkinase (CK)-Wert ist häufig erhöht.
  • Darstellung muskulärer Strukturen: Dafür werden bildgebende Verfahren (vor allem Magnetresonanztomographie (MRT) und Ultraschall) eingesetzt.
  • Muskelbiopsie: Mit Hilfe einer Muskelbiopsie lassen sich ebenfalls Veränderungen im Muskel erkennen.
  • Molekulargenetische Untersuchungen: Diese gewinnen auch in der Diagnostik neuromuskulärer Erkrankungen zunehmend an Bedeutung und können Muskelbiopsien in Einzelfällen obsolet machen.3
  • Enzymtest: Im Fall von Morbus Pompe erfolgt die Sicherung der Diagnose durch einen Enzymtest zum Nachweis einer verminderten Aktivität der sauren a-Glucosidase.1,2
    1. Hirschhorn R, Reuser AJJ. Glycogen storage disease type II: acid alpha-glucosidase (acid maltase) deficiency, in: Scriver C, Beaudet A, Sly W et al. eds, The Metabolic and Molecular Bases of Inherited Disease, New York: McGraw Hill, 2001:3389-3420
    2. Kishnani PS et al. Genet Med 2006; 8: 267-288
    3. Sieb JP, Schrank B, Diagnostik und Therapie von Muskelerkrankungen,  in: Sieb JP, Schrank B, Neuromuskuläre Erkrankungen, Verlag W. Kohlhammer 2009