Wolkengespräche – Digitale Telefonie

Der Wandel kommt schleichend, aber sicher – auch im Bereich der Telefonie. Telefonanlagen in Ordinationen werden nach und nach auf neue technische Fundamente gestellt. Denn die konventionellen ISDN-Telefonnetze, die seit zwei Jahrzehnten kleine und mittelständische Büros kommunizieren lassen, werden aus technischen Gründen von den Providern sukzessive abgeschaltet und auf All-IP-Technologie umgestellt. Aus analog wird digital – auch beim Telefonieren.
IP-Telefonie wird auch als Internet-Telefonie, Cloud-Telefonie oder Voice-over-IP-Telefonie (VoIP) bezeichnet und beschreibt das Telefonieren über Datennetzwerke mittels des Internet-Protokolls (IP). Es ersetzt herkömmliche ISDN-Telefonanschlüsse. „Mit einer IP-Anlage kann von überall und zu jeder Zeit telefoniert werden. Mit herkömmlichen Anlagen sind die Nutzer an den Standort gebunden“, erklärt Daniel Hirschbichler. Sein in Tirol ansässiges Unternehmen Innosoft betreut österreichweit Firmen auf ihrem Weg in die digitale Telefonie. Die IP-Telefonie ermöglicht das Sprechen über Smartphones, Computer oder Laptop mit Headset und natürlich auch über konventionelle, sogenannte SIP-fähige Tischtelefone. Die einzige Voraussetzung ist ein guter Internetanschluss. Moderne VoIP-Lösungen sind nicht nur flexibel einsatzfähig, sie versprechen auch Kostenersparnis: Sie kennen keine Wartungsverträge und keine Kosten für eine stationäre Telefonanlage. Bezahlt wird ein niedriger zweistelliger Betrag pro Telefonanschluss – in der Höhe vergleichbar mit einem Smartphonevertrag. Dazu kommen kluge Funktionen wie steuerbare Patientenanrufe („Benötigen Sie ein Rezept, drücken Sie die Taste 1“) oder Kunden Rückruf-Dienste. Eine Verschränkung von Ordinationssoftware und Telefon oder die Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätze versprechen eine deutliche Weiterentwicklung in der Ordinationsadministration. Daniel Hirschbichler: „Die Ortsungebundenheit der IP-Anlagen bringt für Ordinationen ein großes Maß an administrativer Flexibilität“. Denn niemand schreibt vor, dass der Telefondienst für die Rezeption in der Ordination selbst stattfinden muss. Spezielle Rückruf- und Telefonstunden können mit IP-Telefonie von allen Orten der Welt abgehalten werden.

Das Ende von ISDN
Laut einer Studie aus dem Jahr 2022 von Mind Take Research und dem Provider Yuutel telefonieren in Österreich erst vier von zehn Unternehmen über Voice-over-IP. Die Hälfte der befragten Ordinationen und Firmen steht mittelbar vor der Entscheidung, wie sie den Umstieg in die digitale Telefonwelt gestalten soll. Gesichert ist: Für den österreichischen Markt werden bereits seit 2020 keine neuen ISDN-Komponenten mehr produziert. Die Entscheidungsalternativen sind daher überschaubar: In der Realität ist die Anschaffung eines cloudbasierten IP-Telefonsystems die einzig zukunftsträchtige Wahl. Für Markus Dittrich ist der Einstieg in die digitale Telefonie der „ideale Anlass, über die gesamte Patientenkommunikation in der Ordination nachzudenken.“ Dittrich ist Geschäftsführer des Wiener Unternehmens it4med, das sich auf Web- und IT-Beratung von niedergelassenen Ordinationen spezialisiert hat. Kommunikationslösungen sind dabei ein zentraler Punkt des Beratungsspektrums: „Wir haben heute viele Kanäle, um mit dem Patienten zu kommunizieren. Die Telefonie sei dabei ein zentrales, „aber nicht das einzige Mittel.“ Das Ziel sei, den Telefonstau in den Ordinationen abzubauen. „Patienten sind verärgert, wenn sie schon am Telefon warten müssen. Und Mitarbeiter reiben sich angesichts der Dauerbelastung auf“, so Dittrich. Online-Terminvereinbarungen seien ein erster Weg, um den täglichen Ansturm zu glätten. Auch Rezept-Anfragen lassen sich Großteils aus der Rezeption auf die Ordinations-Website verlagern. Der verbleibende Rest ist mithilfe der vielfältigen Möglichkeiten der IP-Telefonie leichter abzutragen als mit der einfältigen ISDN-Technologie.“


Das digitale Wunschkonzert
Eine hocheffiziente Eigenschaft der IP-Telefonie ist ihre Symbiose mit der Ordinationssoftware. Innosoft-Geschäftsführer Daniel Hirschbichler wird nicht müde, die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten zu beschreiben, die sich dadurch ergeben: „Die Kommunikation mit den Patienten wird sofort in der Dokumentation verarbeitet.“ In der Praxis bedeutet dies, dass die IP-Telefonanlage die eingehende Nummer automatisch mit den Daten in der Ordinationssoftware abgleichen kann. Der Patient wird am Monitor identifiziert und alle relevanten Informationen (z. B. Krankenakte, Termine, Notizen) werden durch die automatische Anruferkennung angezeigt. Außerdem können die Mitarbeiter direkt aus der Patientendatenbank heraus Anrufe tätigen, ohne die Nummer manuell eintippen zu müssen.
Ein ganz spezielles Service sind Terminerinnerungen: Durch die Verbindung zur Praxissoftware verschickt die Telefonanlage automatisch „Reminder“ an bevorstehende Arzttermine – meist über SMS. Dadurch wird die Anzahl von ungenutzten Terminen reduziert. Dazu passt die Möglichkeit, während eines Telefonats in Echtzeit die verfügbaren Termine in der Ordinationssoftware einzusehen und neue Termine für den Patienten zu buchen. Dabei können alle Telefonate automatisch in der Patientenakte protokolliert werden, was eine vollständige Rückverfolgbarkeit der Kommunikation gewährleistet. Hirschbichler unterstreicht die Möglichkeit des Rückrufservices. Die Patienten bitten per Knopfdruck um einen Rückruf: „Dadurch verteilt sich das Telefonaufkommen und kann von der Ordination besser kanalisiert werden.“ Dabei können die Telefonate so organisiert werden, dass sie zu bestimmten Zeiten außerhalb der Sprechstunden erfolgen oder auch vom Personal übernommen werden, das nicht in der Ordination sitzen muss. Denn die digitale Welt ist überall.
Legende zur 1. Grafik und Quellenangabe:
Mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen (39 %) setzt 2022 bereits auf eine Voice-over-IP-Telefonie-Lösung bzw. eine IP-Telefonanlage aus der Cloud. Eine klassische ISDN- bzw. analoge Telefonanlage ist in Österreich noch bei mehr als der Hälfte der Firmen in Betrieb. In den Bereich der unter „Sonstiges“ genannten Telefonie-Lösungen in Unternehmen (5,3 %) fallen in erster Linie Handys und Smartphones. In einem einzelnen der befragten Unternehmen wird laut Angaben nicht telefoniert.
Quelle: MindTake/yuutel, n= 250, 2022
Autor: Josef Ruhaltinger