Die größte Herausforderung in der Diagnose besteht darin, überhaupt an einen Morbus Gaucher zu denken. Bei diesen Symptomen sollten Ärzt*innen immer auch die Erkrankung Morbus Gaucher in Erwägung ziehen:

  • Leitsymptom Splenomegalie
  • häufig begleitet von Thrombozytopenie
  • mögliche zusätzliche Symptome bei einem Teil der Patient*innen: Hepatomegalie, Anämie, Knochenschmerzen
  • häufig Erhöhung von ACE (Angiotensin Converting Enzyme) und/oder Ferritin1-3

Bei Verdacht auf Morbus Gaucher sollte eine Testung auf diese Erkrankung erfolgen.  Genaue Informationen zu möglichen Testverfahren und diagnostische Vorgehensweisen sehen Sie bitte hier.

Wichtig ist eine frühe Diagnose, da für Morbus Gaucher Therapien verfügbar sind.4 Allerdings sieht die Realität oft anders aus: In einer amerikanischen Erhebung erhielten Patient*innen ihre Diagnose erst nach einer Odyssee über durchschnittlich acht Fachärzt*innen und mit einer mehrjährigen Verzögerung.5

Video: Zur schnelleren Diagnose von Morbus Gaucher [Experten: Prof. Dr. med. Claus Niederau (Oberhausen), Prof. Dr. med. Ali Canbay (Bochum), Priv.-Doz. Dr. med Anton Gillessen (Münster)]

Video: Weshalb ist eine frühe Diagnose des Morbus Gaucher so wichtig für die Patienten? (Prof. Dr. med. Martin Merkel, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Ärztlicher Leiter, Endokrinologikum Hamburg, Hamburg)

Diagnostik/Untersuchungen

Die Untersuchungen mit Blick auf Morbus Gaucher sollten umfassen:

  • Ultraschalluntersuchung des Bauchraums zum Nachweis der (Hepato-)Splenomegalie
  • Blutuntersuchung zum Nachweis der Thrombozytopenie und/oder Anämie
    • weitere mögliche, für Morbus Gaucher typische Auffälligkeiten: Leukozytopenie, erhöhtes Ferritin, ACE, leicht erhöhte Leberwerte (s. Tabelle)
  • Bildgebung zum Nachweis der Knochenmanifestationen
    • MRT (T1-gewichtete Sequenzen): Darstellung des Knochenmarks/ Verdrängung des Fettmarks durch Gaucher Zellen
    • Röntgendiagnostik: Nachweis von fortgeschrittenen Veränderungen, z.B. Frakturen oder Erlenmeyerkolben-Deformitäten
    • Erfassung der Knochendichte
Auffällige Laborwerte bei M.Gaucher
Thrombozytenzahl bei fast allen Patient*innen meist moderat erniedrigt
Hämoglobinwert bei zwei Dritteln der Patient*innen meist moderat erniedrigt
Radiologisch festgestellte Knochenbeteiligung kann vorliegen
Weitere hinweisende Befunde in der Labordiagnostik
ACE (Angiotensin Converting Enzyme) häufig erhöht gegenüber Normwert
Ferritin häufig erhöht
Saure Phosphatase häufig erhöht
CCL-18 häufig erhöht
Transaminasen können leicht erhöht sein
Chitotriosidase bei Gaucher stark erhöht. Cave: Bei etwa 5 % der Bevölkerung liegt ein genetisch bedingter Chitotriosidase-Mangel vor
Lyso-GL1 häufig deutlich erhöht

Video: Welcher Blutbefund ist der auffälligste bei Morbus Gaucher? (Prof. Dr. med. Martin Merkel, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Ärztlicher Leiter, Endokrinologikum Hamburg, Hamburg)

Sicherung der Diagnose

  • Die Sicherung der Diagnose Morbus Gaucher erfolgt über den Nachweis einer verminderten Aktivität des Enzyms Glukozerebrosidase im Blut mittels eines Morbus Gaucher Tests.
  • Üblicherweise schließt sich (mehr aus wissenschaftlichem Interesse) eine genetische Untersuchung zum Nachweis der Mutationen im GBA-Gen an. Mit Lyso-GL1 (LysoGb1) und der Chitotriosidase-Aktivität stehen zudem zwei Biomarker zur Verfügung, die in unklaren Fällen in Speziallaboren zusätzlich genutzt werden können.4

Zwar wird mit Blick auf andere Differenzialdiagnosen der Splenomegalie (siehe auch Differenzialdiagnosen Morbus Gaucher) häufig ein Knochenmarkausstrich veranlasst, aber für die Diagnose des Morbus Gaucher ist er nicht nötig und auch nur begrenzt nutzbar: Einerseits schließt ein fehlender Nachweis von Speicherzellen einen Morbus Gaucher nicht aus, weil diese ungleichmäßig im Knochenmark verteilt sein können (falsch-negativer Befund – Expert*innen berichten von bis zu 30 %). Andererseits kommen auch bei anderen Erkrankungen stark vergrößerte Zellen, sogenannte „Pseudo-Gaucher-Zellen“ vor, die leicht mit Gaucher-Zellen verwechselt werden können (falsch-positiver Befund).

Diagnose Morbus Gaucher - Rolle der Pädiater*innen

Zwei Drittel aller Gaucher-Patient*innen werden im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert6, sodass Pädiater*innen eine essenzielle Rolle bei der möglichst frühen Erkennung dieser seltenen Stoffwechselkrankheit zukommt. Hier finden Sie weitere Informationen zum Vorgehen bei der Diagnose des Morbus Gaucher aus pädiatrischer Sicht.

Wichtige Rolle für Hämato/Onkolog*innen und Gastroenterolog*innen bei der Diagnose Morbus Gaucher

Bei einem Drittel der Betroffenen erfolgt die Diagnose erst im Erwachsenenalter.6 Aufgrund der Hepato/Splenomegalie und der Auffälligkeiten im Blutbild werden Patient*innen mit einer noch nicht diagnostizierten Gaucher-Erkrankung häufig an Fachärzt*innen für Hämatologie/Onkologie oder Gastroenterologie überwiesen. An ihnen liegt es daher – nachdem häufigere Differenzialdiagnosen ausgeschlossen sind – auch an Morbus Gaucher zu denken. Hier finden Sie weitere Informationen zum Vorgehen bei der Diagnose von Morbus Gaucher aus gastroenterologischer Sicht und bei der Diagnose von Morbus Gaucher aus hämatologischer Sicht

Video: Wie könnte ein Patient mit noch nicht diagnostiziertem Morbus Gaucher hämatologisch auffällig werden? (Prof. Dr. med. Martin Merkel, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Ärztlicher Leiter, Endokrinologikum Hamburg, Hamburg)

Häufiger als gedacht

Morbus Gaucher zählt mit einer Häufigkeit von 1:40.000 bis 1:60.000 zu den seltenen Erkrankungen. Allerdings kommt es in bestimmten Patientengruppen, zum Beispiel Patient*innen mit Splenomegalie, zu einer Häufung der Morbus Gaucher Krankheit.

Innerhalb einer italienischen Untersuchung Patient*innen mit Splenomegalie, bei denen geläufigere Ursachen bereits ausgeschlossen worden waren, wurden 3,6 % des Patientenguts mit Morbus Gaucher diagnostiziert.7

    1. Rosenbloom BE, Weinreb NJ. Crit Rev Oncog 2013; 18: 163-175
    2. Linari S et al. Clin Cases Miner Bone Metab 2015; 12: 157-164
    3. Goker-Alpan O. Mol Genet Metab 2011; 104: 438-447
    4. Niederau C. Thieme-Refresher Innere Medizin 2021; 16: 1-16; © 2021 Thieme
    5. Mistry PK et al. Am J Hematol 2007; 82: 697-701
    6. Charrow J. et al. Arch Intern Med 160: 2835-2843
    7. Motta I et al. J Haematol 2016; 96: 352-359

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