Die Diagnose Morbus Gaucher wird – bei entsprechendem klinischem Bild – durch den Nachweis einer verminderten Aktivität des Enzyms Glukozerebrosidase im Blut (Morbus Gaucher Test) gestellt.1-3

Ein Verdacht auf Morbus Gaucher besteht, wenn der oder die Betroffene eine Kombination aus folgenden Auffälligkeiten aufweist:4

  • (oft ausgeprägte) Splenomegalie
  • (oft weniger stark ausgeprägte) Hepatomeglie
  • Pingueculae im Auge
  • Knocheninfarkt
  • pathologische Frakturen
  • avaskuläre Osteonekrose
  • Osteopenie, Osteoporose
  • (meist milde) Anämie
  • Thrombozytopenie
  • Leukozytopenie (selten >60,000/μl)
  • Pseudotumore (Leber, Milz, Wirkbelsäule): Lokale Akkumulationen von Gaucher-Zellen, auch als Gaucher-Pseudotumore oder Gaucherome bekannt, werden typischerweise in parenchymatösen Organen wie der Leber, aber auch im Knochenmark oder im Glaskörper gefunden.
  • Einblutungen in die Haut (Petechien, Sugillation, Ekchymose, Purpura)
  • Milzinfarkt

Eher selten kommen vor:

  • Lungenhochdruck
  • Leberzirrhose
  • Infiltration des Glaskörpers
  • Herzversagen und Perikarditis
  • Glomerulopathie
  • Colitis

Falls nicht schon geschehen, kommen folgende Labor- und absichernde Folgeuntersuchungen infrage:

Blutbild Klinische Chemie Bildgebende Verfahren Zusätzliche Spezialuntersuchungen

inkl.

  • Differenzialblutbild
  • Retikulozyten
  • Howell-Jolly-Körperchen

insbesondere

  • Ferritin
  • Elektrophorese, Immunofixation
  • Alpha-fetoprotein
  • Vitamin D-Status
  • Koagulationstests inkl. Thrombozytenfunktion
  • Biomarker: Lyso-GL1 und Chitotriosidase-Aktivität (s.u.)
  • Ultraschalluntersuchung des Abdomens
  • evtl. Fibroscan der Leber und der Milz
  • Röntgenuntersuchung des Achsenskeletts und des Beckens und des Oberarms (nur bei klinischer Indikation)
  • Magnetresonanztomo-graphie (MRT) der Wirbelsäule und der Beine (Ganzkörper-MRT optional)
  • Röntgenthoraxaufnahme in zwei Ebenen
  • EKG
  • Echokardiographie
zur Beurteilung anderer Organsysteme abhängig von den betroffenen Organsystemen
 
  • Obligatorisch: Neurologie
  • Optional: Orthopädie und Ophthalmologie

Morbus Gaucher Test: Nachweis der verminderten Enzymaktivität

Die Sicherung der Diagnose Morbus Gaucher erfolgt durch den Nachweis einer verminderten Aktivität des Enzyms Glukozerebrosidase im Blut. Die Aktivitätsbestimmung ist aus Leukozyten, kultivierten Fibroblasten aus einer Hautbiopsie oder mittels Trockenbluttest möglich. Dabei stellt die Messung in Leukozyten oder Fibroblasten den Goldstandard dar – eine Enzymaktivität unter 15 % des Normwerts sichert die Diagnose Morbus Gaucher.1-3

Der Trockenbluttest als Morbus Gaucher Test bietet den Vorteil der einfachen Anwendung und lässt sich daher gut in die Praxisroutine integrieren, weist allerdings einen niedrigen positiven prädiktiven Wert auf. Ergebnisse der Enzymmessung mittels Trockenbluttest müssen daher durch den Nachweis biallelischer pathogener Varianten in der genetischen Analyse bestätigt werden, was typischerweise aus derselben Trockenblutkarte erfolgen kann. Alternativ ist zur Bestätigung eine Messung der Enzymaktivität in Leukozyten oder Fibroblasten möglich.1

Morbus Gaucher Test - Abbildung einer Trockenblutkarte

Abb.: Abbildung einer Trockenblutkarte

Genetische Analyse

Heute sind 540 Varianten des GBA1-Gens bekannt, von denen gut 400 mit Morbus Gaucher assoziiert worden sind. Die Identifikation von biallelischen pathogenen Varianten im GBA1-Gen bestätigt die Diagnose Morbus Gaucher. Sie ist außerdem die Voraussetzung für die genetische Beratung von Familienangehörigen.1

Die genetische Analyse kann auch als primärer Morbus Gaucher Test eingesetzt werden, jedoch muss die Diagnose dann durch den Nachweis einer verminderten Enzymaktivität bestätigt werden.1

Knochenmarkausstrich

Knochenmarkbiopsien werden nicht selten im Rahmen der Differenzialdiagnostik entnommen, etwa um einen Leukämieverdacht abzuklären. Für die Diagnose oder den Ausschluss eines Morbus Gaucher eignet sich ein Knochenmarkausstrich alleine jedoch nicht:  

  • Allein der Nachweis von Speicherzellen im Knochenmark reicht nicht für die Diagnose Morbus Gaucher, da Speicherzellen auch bei anderen Erkrankungen auftreten und verwechselt werden können (falsch positives Ergebnis). 
  • Andersherum schließt ein fehlender Nachweis von Speicherzellen einen Morbus Gaucher nicht aus, da diese ungleichmäßig im Knochenmark verteilt sind und mit einer Biopsie nicht sicher „erwischt“ werden (falsch negatives Ergebnis). 

Biomarker

Als neuer und weitestgehend krankheitsspezifischer Biomarker für Morbus Gaucher hat sich das Lyso-GL1 (Lyso-Gb1) herauskristallisiert. Es ist bei Diagnose bei allen Patient*innen stark erhöht, an der Pathophysiologie beteiligt und auch für die Verlaufskontrolle während der Therapie anwendbar. Es löst daher zunehmend die bislang verwendete Chitotriosidase-Aktivität als Biomarker ab, die nicht Gaucher-spezifisch und deren Messung schwer standardisierbar und nicht bei allen Patient*innen nutzbar ist.5

Sehen Sie im Video weitere Details dazu, warum der Lyso-GL1 der zuverlässigste Biomarker für Morbus Gaucher ist.

Video: Wie sollte man heute auf Morbus Gaucher testen? [Experten: Priv.-Doz. Dr. med Anton Gillessen (Münster), Prof. Dr. med. Claus Niederau (Oberhausen)]

Spätestens wenn die Diagnose Morbus Gaucher gestellt ist, empfiehlt es sich unbedingt, Kontakt mit einem Gaucher Kompetenzzentrum aufzunehmen. Die Kolleg*innen dort sind aufgrund ihrer Spezialisierung Expert*innen für diese komplexe multisystemische Erkrankung.


Sie haben Fragen zum Vorgehen bei der Testung? Wir helfen gerne.

Anfrage Testung

    1. Dardis A et al. Orphanet J Rare Dis 2022; 17: 442
    2. Rosenbloom BE, Weinreb NJ. Crit Rev Oncog 2013; 18: 163-175
    3. Linari S et al. Clin Cases Miner Bone Metab 2015; 12: 157-164
    4. Niederau C. Gaucher Disease, UNI-MED Science, 3. Auflage 2017, ISBN: 978-3-8374-5528-1
    5. Murugesan V et al. Am J Hematol 2016; 91: 1082-1089

     

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