Immer wieder kommt es bei Patient*innen mit Morbus Gaucher zunächst zu Verwechslungen mit Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen und somit zu Fehldiagnosen.

Das Leitsymptom des Morbus Gaucher ist die Splenomegalie (s. hierzu auch Morbus Gaucher Symptome).1 Typischerweise geht die Diagnostik von diesem Befund aus.

Differenzialdiagnosen Splenomegalie

Die Differenzialdiagnosen der Splenomegalie können in verschiedene Fachgebiete führen:

Differenzialdiagnosen der Splenomegalie (mod. nach 2)
Fachgebiet Erkrankungen mit Splenomegalie
Hämatologie/Onkologie Lymphome, CLL, myeloproliferative Neoplasien, Leukämien, Hämolyse, Amyloidose, Sarkoidose, Metastasen
Infektionen EBV, CMV, HIV, Endokarditis, Tbc, Typhus, Toxoplasmose, Leishmaniose, Brucellose, Malaria
Kongestiv portale Hypertension, (Rechts)Herzinsuffizienz
Autoimmunerkrankungen systemischer Lupus Erythematodes, rheumatoide Arthritis, Immunthrombozytopenie
Verschiedenes Speichererkrankungen (u. A. Morbus Gaucher, ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B), LAL-D)), Zysten

    Leukämien

    Zu den typischen Anzeichen für Leukämien gehören unter anderem Abgeschlagenheit, Blutungsneigung, Appetitlosigkeit und ungewollter Gewichtsverlust, Knochenschmerzen, vergrößerte Lymphknoten und eine Milzvergrößerung sowie eventuell eine vergrößerte Leber. Weil sie den Symptomen eines Morbus Gaucher damit sehr ähnlich sind, lautet der erste Verdacht bei Morbus Gaucher häufig Leukämie. Da die malignen Bluterkrankungen deutlich häufiger vorkommen und ihre Diagnose zudem erhebliche therapeutische Konsequenzen hat, ist es wichtig, die Verdachtsdiagnose der Leukämie unter den Differenzialdiagnosen des Morbus Gaucher zuerst zu verfolgen. Lässt sie sich nicht bestätigen, sollten (neben anderen Differenzialdiagnosen der Splenomegalie) auch ein Morbus Gaucher in Erwägung gezogen werden.

    Andere hämatologische Erkrankungen

    Neben Leukämien zeigen auch andere hämatologische Erkrankungen wie Lymphome und hämolytische Erkrankungen eine (teilweise) mit Morbus Gaucher überlappende Symptomatik. Auch die Immunthrombozytopenie (idiopathische Thrombozytopenie), eine Autoimmunerkrankung des Kindesalters, ist hier zu nennen. Bestätigt sich ein Verdacht auf diese Erkrankungen und auch andere nicht, so sollte unter weiteren Differenzialdiagnosen auch Morbus Gaucher in Erwägung gezogen werden.

    * Schematische Darstellung. Die Symptomatik bzw. die Ausprägung der Symptome variiert im Krankheitsverlauf zum Teil deutlich und kann daher von den hier gemachten Angaben erheblich abweichen. Die Darstellung beruht auf Provan D, et al. Oxford handbook of clinical haematology; 4th Ed. (2015); Oxford University Press; Oxford; Kasper DL, et al. Harrison’s Principles of internal medicine; 19th Ed. (2015); McGraw Hill Education; New York; International Collaborative Gaucher Group (ICGG), Gaucher Registry Report 2010; data on file.

    Schließlich können auch Erkrankungen der Leber, wie beispielsweise eine Leberzirrhose oder eine Virushepatitis, die mit einer portalen Hypertension einhergehen, zu Gaucher-ähnlichen Symptomen, vor allem zu einer Splenomegalie und Thrombozytopenie, führen. Auch hier gilt: Erhärtet sich der primäre Verdacht auf eine Lebererkrankung nicht, ist es Zeit, an einen Morbus Gaucher zu denken.

Video: Differentiaaldiagnose Splenomegalie - Wann sollten Sie an Morbus gaucher denken? (Prof.Dr.med. Martin Merkel, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Ärztlicher Leiter, Endokrinologikum Hamburg, Hamburg)

Video: Wie ist Ihr differentialdiagnostisches Votgehen bei Splenomegalie? (Prof.Dr.med. Martin Merkel, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Ärztlicher Leiter, Endokrinologikum Hamburg, Hamburg)

Auf Morbus Gaucher testen

Wenn sich trotz aller Überlegungen und Untersuchungen keine Erklärung für die Beschwerden ergibt, könnte auch ein Morbus Gaucher hinter den Symptomen stecken. 

Informationen zu aktuellen Testverfahren und mögliche diagnostische Vorgehensweisen bei einem Verdacht auf Morbus Gaucher sehen Sie bitte hier.

Frühe Diagnose wichtig

Eine frühe Diagnose von Morbus Gaucher ist essenziell, denn der Verlauf der seltenen Erkrankung ist chronisch progredient.3,4 Eine verzögerte Diagnose lässt die Erkrankung weiter fortschreiten. Irreversible Schäden, die sich durch eine frühe Therapie des Morbus Gaucher wahrscheinlich vermeiden ließen, können die Folge sein.5

    1. Niederau C. Thieme-Refresher Innere Medizin 2021; 16: 1-16; © 2021 Thieme
    2. Pozo AL et al. Blood Rev 2009; 23: 105-11
    3. Rosenbloom BE, Weinreb NJ. Crit Rev Oncog 2013; 18: 163-175
    4. Linari S et al. Clin Cases Miner Bone Metab 2015; 12: 157-164
    5. Mistry PK et al. Am J Hematol 2007; 82: 697-701

Weitere für Sie interessante Themen:

Header-Foto: ©️ Getty Images (RunPhoto)
MAT-DE-2300904 -V1.0-05/2023