Zusammenfassung

Das Fehlen einer offensichtlichen Gesichtsdysmorphie ist kein Ausschlusskriterium für eine MPS I – die Anzeichen können auch sehr mild oder unauffällig sein (Beck 2014, Clarke 2016).

Bei der Mukopolysaccharidose Typ 1 (MPS I) gilt die Gesichtsdysmorphie als ein typisches und meist frühes Symptom der Erkrankung, wobei die Ausprägung vom Schweregrad und der Verlaufsform der Erkrankung abhängt.

Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu den Merkmalen, zur Ausprägung, zur Häufigkeit, sowie zur Ursache einer Gesichtsdysmorphie bei MPS I-Patient*innen.

Klinische Zeichen und Häufigkeit der Gesichtsdysmorphie bei MPS I

Welche Veränderungen der Gesichtszüge treten bei MPS I auf?

Zu den typischen Veränderungen der Gesichtszüge bei MPS I zählen (Abb. 1):

  • Verdickte Nasenflügel
  • Tiefliegender Nasenrücken
  • Hypertelorismus (weit auseinanderstehende Augen)
  • Verdickte Lippen
  • Makroglossie (vergrößerte Zunge)
  • Verdickte Ohrläppchen
  • Hohe Stirn
  • Grobes und struppiges Haar
  • Kurzer Hals
  • Wasserkopf/Hydrozephalus
     

Die Ausprägung der Gesichtsdysmorphie bei MPS I ist abhängig vom Schweregrad des Krankheitsverlaufs. So zeigen Patient*innen mit Morbus Hurler eine ausgeprägtere Veränderung der Gesichtszüge als Patient*innen mit attenuierten Verlaufsformen, wobei der Übergang auch hier fließend sein kann (Abb. 1) (Beck 2014, Clarke 2016).

Beispiele für Gesichtsdysmorphie bei MPS 1-Patient*innen

Abbildung 1: Gesichtsdysmorphie bei attenuierter Verlaufsform der MPS I.  A), B) Patientin mit M. Hurler-Scheie; C) Patient mit M. Scheie. (Bildquelle: Genzyme Corporation) 

Eine Gesichtsdysmorphie ist nicht bei allen
MPS I-Verläufen offensichtlich

Die Vergröberung der Gesichtszüge ist eine häufige und offensichtliche Manifestation der MPS I bei Kindern mit einem schweren Krankheitsverlauf (Abb. 2). Bei 86 % der Morbus Hurler-Patient*innen treten Vergröberungen der Gesichtszüge bereits in den ersten 12 Lebensmonaten auf. Auch mehr als 70 % der Kinder mit Morbus Hurler-Scheie zeigen bereits im frühen Kindesalter Veränderungen der Gesichtszüge, im Median mit 3,4 Jahren (Beck 2014). Bei Patient*innen mit Morbus Scheie treten die Veränderungen nur bei knapp der Hälfte der Patient*innen auf, erscheinen meist erst später im Verlauf (medianes Alter von 8,7 Jahren) und können bei sehr milden Verläufen fast unscheinbar sein (Beck 2014, Clarke 2016).

Cave: Eine Vergröberung der Gesichtszüge kann ein Zeichen für MPS I sein, jedoch ist das Fehlen einer offensichtlichen Gesichtsdysmorphie insbesondere bei attenuierten Verlaufsformen kein Ausschlusskriterium für eine MPS I (Beck 2014, Clarke 2016).

Ursache der Gesichtsdysmorphie bei MPS I

Die Ursache der Gesichtsdysmorphie ist die Akkumulation von Glykosaminoglykanen (GAG) im Gewebe des orofazialen Bereichs (Clarke 2016). Durch die Akkumulation kommt es zu einer Vergrößerung der Zellen und damit langfristig zu einer Veränderung der Gewebegröße und -struktur. Des Weiteren führen GAG-bedingte Veränderungen zu einer gestörten enchondralen Verknöcherung, die neben den skelettalen Manifestationen auch eine Veränderung der knöchernen Schädel- und Gesichtsstrukturen verursachen. So kann sich z. B. im Bereich des Kopfs eine Dysostose der Schädelknochen ausbilden (Oussoren 2011).

Gesichtsdysmorphie und der Verdacht auf MPS I

Vermuten Sie aufgrund von auffälligen Gesichtszügen das Vorliegen einer MPS I-Erkrankung und liegen weitere Symptome wie z. B. eine Hornhauttrübung, Gelenkkontrakturen oder ein auffälliges Größenwachstum vor, sollte die Testung auf MPS I mittels Urin- oder Trockenbluttest und/oder die Überweisung an ein spezialisiertes MPS-Zentrum erfolgen. 

    Beck M et al. Genet Med 2014;16(10):759-765 

    Clarke LA. In: Adam MP, Ardinger HH, Pagon RA, et al. (Hrsg.). University of Washington, Seattle Copyright © 1993-2021, University of Washington, Seattle. GeneReviews is a registered trademark of the University of Washington, Seattle. All rights reserved., Seattle (WA), 2016 

    Galimberti C et al. Italian Journal of Pediatrics 2018;44(2):133 

    Oussoren E et al. Biochim Biophys Acta 2011;1812(11):1542-1556 

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