Zusammenfassung
Ein Karpaltunnelsyndrom im Kindesalter ist in 58% der Fälle auf eine Mukopolysaccharidose (MPS) zurückzuführen (van Meir 2003).
Ein Karpaltunnelsyndrom ist eine typische Manifestation einer MPS I-Erkrankung. Daher sollte die Diagnose MPS I beim Auftreten eines Karpaltunnelsyndroms im Kindesalter stets in Betracht gezogen werden. Auf dieser Seite finden Sie Informationen zur Symptomatik und zur Häufigkeit sowie zu den Ursachen des Karpaltunnelsyndroms bei MPS I-Patienten.
Klinische Zeichen und Häufigkeit des Karpaltunnelsyndroms bei MPS I
Karpaltunnelsyndrom – bei Kindern und Jugendlichen ein Hinweis auf MPS I
Ein Großteil der Patienten mit MPS I leidet im Verlauf der Erkrankung unter einem Karpaltunnelsyndrom (Aldenhoven 2009, Beck 2014). Typische Symptome des Karpaltunnelsyndroms wie Taubheit, Kribbeln und nächtliche Schmerzen, die bei Erwachsenen auftreten, fehlen hingegen häufig bei Kindern und Jugendlichen. Es ist somit von großer Bedeutung auch subtile Anzeichen zu erkennen (Argenta 2017, Beck 2014, Clarke 2016, Lampe 2018, White 2010).
Zu diesen subtilen Anzeichen zählen:
- Manuelle Ungeschicklichkeiten
- Nagen an den Händen
- Schwierigkeiten bei feinmotorischen Aufgaben
- Veränderungen des Spielverhaltens
Der schleichende Beginn und die Undeutlichkeit dieser Symptome führt häufig zu einer Verzögerung der MPS I-Diagnose oder zu einer Fehldiagnose (Aldenhoven 2009, Clarke 2016, Morishita 2011, Patel 2020). Dies betrifft insbesondere Patienten mit einer attenuierten Form der MPS I, bei der die Symptome weniger ausgeprägt sind und häufig denen von Arthritis-Patienten ähneln (Morishita 2011). Die einfache Testung auf MPS I mittels Trockenbluttest kann im Zweifel schnell Klarheit schaffen.
Karpaltunnelsyndrom – ein häufiges Symptom bei attenuierten Verlaufsformen der MPS I
Die ersten Symptome eines Karpaltunnelsyndroms treten bei der Hälfte der Morbus Scheie-Patienten im medianen Alter von 12,5 Jahren auf (Abb. 1). Bei Patienten mit Morbus Hurler-Scheie treten die ersten Symptome bereits im medianen Alter von 7,4 Jahren auf und betreffen mehr als ein Viertel der Patienten. Patienten mit Morbus Hurler sind hingegen zu Beginn der Erkrankung deutlich seltener von einem Karpaltunnelsyndrom betroffen (Beck 2014).
Ursache des Karpaltunnelsyndroms bei MPS I
Ursache des Karpaltunnelsyndroms bei MPS I ist die Anreicherung von Glykosaminoglykanen (GAG) im Gewebe des Karpalbands und der Sehnenscheide in Kombination mit einer veränderten Skelettanatomie, welches zu einer Kompression des Nervus medianus an der Innenseite des Handgelenks führt (Aldenhoven 2009, Lampe 2018, Morishita 2011).
Die GAG-Ablagerungen in der Sehnenscheide kann neben dem Karpaltunnelsyndrom auch zu einem sogenannten schnellenden Finger (Trigger-Finger) führen. Ein solcher Trigger-Finger kann angeboren sein und dann ist meist der Zeigefinger betroffen. Sind hingegen andere Finger betroffen, so sollte eine MPS I in Betracht gezogen und abgeklärt werden (Borgo 2018).
Karpaltunnelsyndrom bei Kindern: Auf MPS I testen
Das Karpaltunnelsyndrom ist im Kindes- und Jugendalter in fast 60% der Fälle auf eine MPS-Erkrankung zurückzuführen (van Meir 2003). Daher sollte die Ursache des Karpaltunnelsyndroms und somit der Verdacht auf MPS I unbedingt abgeklärt werden. Heutzutage bieten verschiedene Labore eine beispielsweise Trockenbluttestung an, mit der mehrere Formen der Mukopolysaccharidosen simultan getestet werden können. Alternativ kann auch ein Urintest den Nachweis einer vermehrten Glykosaminoglykanausscheidung liefern. Weitere Informationen erhalten zur Diagnostik von lysosomalen Speicherkrankheiten finden Sie hier.
Aldenhoven M et al. Ann Rheum Dis 2009;68(11):1659-1665
Argenta AE et al. Plast Reconstr Surg Glob Open 2017;5(8):e1477
Beck M et al. Genet Med 2014;16(10):759-765
Borgo A et al. Ital J Pediatr 2018;44(Suppl 2):123
Clarke LA. In: Adam MP, Ardinger HH, Pagon RA, et al. (Hrsg.). University of Washington, Seattle Copyright © 1993-2021, University of Washington, Seattle. GeneReviews is a registered trademark of the University of Washington, Seattle. All rights reserved., Seattle (WA), 2016
Lampe C et al. Journal of Child Science 2018;08(01):e128-e137
Morishita K et al. Rheumatology (Oxford) 2011;50 Suppl 5:v19-25
Patel P et al. J Child Neurol 2020;35(6):410-417
van Meir N et al. Acta Orthopaedica Belgica 2003;69(5)
White K et al. J Pediatr Rehabil Med 2010;3(1):57-62
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