Was ist Neurodermitis?

Neurodermitis ist eine chronische – d. h. dauerhaft anhaltende – entzündliche, aber nicht ansteckende Hauterkrankung. Sie tritt meistens in Schüben auf und äussert sich vor allem durch Entzündungen der Haut, die u. a. einen starken Juckreiz hervorrufen können. Die Neurodermitis wird in Fachkreisen auch als atopische Dermatitis oder atopisches Ekzem bezeichnet.

Atopisch heisst, man reagiert mit Überempfindlichkeitsreaktionen wie allergischen Reaktionen auf den Kontakt mit ansonsten harmlosen Substanzen aus der Umwelt. Die Überempfindlichkeit ist häufig genetisch bedingt.

Dermatitis ist der Überbegriff für eine Entzündungsreaktion der Haut, die mit Juckreiz, Rötung, Schuppung, Schwellung, nässenden Stellen und Verdickung (bei chronischen Verläufen) einhergehen kann.

Neurodermitis in Zahlen

Es juckt, ist gerötet und schuppig – bis 15 % der Menschen in der Schweiz, darunter auch Babies, Kleinkinder und Kinder, leiden unter atopischer Dermatitis. Oft nehmen die Symptome im Verlauf des Lebens ab oder verschwinden komplett. Bei Erwachsenen tritt die atopische Dermatitis somit seltener auf (< 6 %). Wer in älteren Jahren betroffen ist, litt meist schon in der Kindheit unter Neurodermitis.1

1. https://www.usz.ch/krankheit/neurodermitis, Date of Access: 28.09.2023

Neurodermitis – Ursachen

Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Aber klar ist, es handelt sich um keine reine Hautkrankheit, da mehrere Faktoren zur Krankheit und zum Auslösen der Schübe beitragen. Ein Zusammenspiel der folgenden vier Komponenten scheint die Neurodermitis zu begünstigen:

Genetische Veranlagung
In gewissem Masse ist die Veranlagung für Neurodermitis vererbbar.

  • Leidet kein Elternteil an Neurodermitis, besteht ein Erkrankungsrisiko von 5 bis 15 %.
  • Leidet nur ein Elternteil an Neurodermitis, so besteht ein Erkrankungsrisiko von 20 bis 40 %.
  • Leiden sowohl Mutter als auch Vater an Neurodermitis, liegt das Erkrankungsrisiko für das Kind bei 60 bis 80 %.


Störungen der Hautbarriere
Die gesunde Haut bildet eine natürliche Barriere zur Umwelt und sorgt dafür, dass Fremdstoffe wie Bakterien und Schadstoffe nicht ungehindert in den Körper eindringen können. Bei Menschen mit Neurodermitis ist diese Hautbarriere gestört. Als Folge ist die Haut sehr trocken und äusserst empfindlich. Fremdstoffe können leichter in das Innere des Körpers gelangen. Als Barriere ist die Haut in der Lage, Wasser und Fettstoffe zu binden. Derart gut gepolstert bleibt die Haut insgesamt elastisch und trocknet nicht aus. Sie kann ihre Schutzfunktion einschliesslich Abwehraufgaben erfüllen.

Dysregulierung des Immunsystems
Die Aufgabe des Immunsystems ist es, den menschlichen Körper vor Fremdstoffen und Krankheitserregern zu schützen. Bei Menschen mit Neurodermitis ist das Abwehrsystem des Körpers aus den Fugen geraten. Infolgedessen reagiert das Immunsystem verstärkt auf harmlose Reize und es kommt zu einer wiederkehrenden Entzündungsreaktion die u.a. die Funktion der Hautbarriere beeinträchtigt.

Einfluss von Umweltfaktoren
Umweltfaktoren sind äussere Faktoren, die das Krankheitsgeschehen beeinflussen können. Im Fachjargon spricht man von Provokationsfaktoren, weil sie das Auftreten der Symptome «provozieren» können. Diese sind bei jedem Patienten individuell und können sich im Laufe der Zeit auch verändern.

Umweltfaktoren oder äussere Einflüsse, die sich negativ auf den Verlauf der Neurodermitis auswirken können, sind:

  • Falsche oder übermässige Hautreinigung (z. B. häufiges Duschen bzw. Gebrauch von Seifen, Pflegeprodukten mit Duft- und Konservierungsstoffen)
  • Zigarettenrauch und Umweltschadstoffe (z. B. Abgase)
  • Kratzende Kleidung (z. B. aus Wollfasern oder Synthetikstoffen)
  • Klima (z. B. geringe Luftfeuchtigkeit in Räumen durch Heizungsluft)
  • Stress (z. B. Lärm, Leistungsdruck)
  • Allergene (z. B. Pflanzenpollen, Tierhaare)
  • Infektionen (z. B. durch Viren, Bakterien oder Pilze)

Symptome der Neurodermitis

Das Krankheitsbild der Neurodermitis kann variieren und sich in der Ausprägung der Symptome deutlich unterscheiden. Das Spektrum reicht dabei von milden, symptomarmen Formen bis hin zu schweren Verlaufsformen, bei denen eine ununterbrochene intensive Therapie notwendig ist. Etwa jeder zweite Patient ist von einer mittelschwer bis schwer ausgeprägten Neurodermitis betroffen. All diese Hautveränderungen sind meist von starkem Juckreiz begleitet. Die Lage der betroffenen Bereiche kann sich im Verlauf der Erkrankung verändern und ist häufig vom Alter des Betroffenen abhängig.

Der Juck-Kratz-Kreislauf

Neurodermitis ist gekennzeichnet durch Entzündungen der Haut, die sich äusserlich durch Hautveränderungen zeigen. Betroffene Hautstellen sind trocken, gerötet und jucken. Da die Erkrankung schubförmig verläuft, kann es Phasen geben, in denen die Haut nahezu gesund erscheint, und Phasen, in denen die stark juckenden, entzündeten Stellen das Hautbild bestimmen. Patienten im akuten Schub sind häufig in einem Teufelskreis aus Jucken und Kratzen gefangen. Das Kratzen der juckenden Haut verschafft aber nur für einen kurzen Moment Linderung. Langfristig fügt man der Haut nur noch mehr Verletzungen zu, die in der Folge zu weiteren Juckreizattacken führen.

  1. Geschädigte Barrierefunktion der Haut
    Bei Menschen mit Neurodermitis ist die Barrierefunktion der Haut gestört. Die Vernetzung der oberen Hautzellen ist nicht stabil, und es fehlt Feuchtigkeit. Dadurch können Allergene und andere Reizstoffe leichter in die Haut eindringen.
     
  2. Rötung
    Das Immunsystem reagiert auf die Eindringlinge mit Entzündung, erkennbar an der Rötung der Haut.
     
  3. Juckreiz
    Gleichzeitig beginnt die Haut an der Stelle der Rötung stark zu jucken.
     
  4. Kratzen
    Als Reaktion auf den Juckreiz wird gekratzt. Dadurch wird die oberste Hautschicht weiter geschädigt und weitere Allergene, aber auch Bakterien und Viren können jetzt leichter in die Haut eindringen. Das Immunsystem reagiert weiter und verstärkt die Entzündungen. Der Juck-Kratz-Kreislauf beginnt.

Diagnose

Die Diagnose Neurodermitis wird in der Regel durch einen Hautarzt (Dermatologen) gestellt. Neben einer körperlichen Untersuchung stellt er auch Fragen zur familiären Krankheitsgeschichte. Denn wie bei allen atopischen Erkrankungen liegt der Neurodermitis eine genetische Veranlagung zugrunde. Bei der körperlichen Untersuchung wird die Haut gründlich unter die Lupe genommen und ein besonderes Augenmerk auf Ekzeme gelegt. Die Lage und das Aussehen der Ekzeme führen zusammen mit der Krankengeschichte in der Regel schnell zur richtigen Diagnose.

Oftmals wird auch eine Blutuntersuchung durchgeführt, um die Diagnose zu bestätigen. Ein anschliessender Allergietest kann sinnvoll sein. Die Ergebnisse des Tests können dazu dienen, die individuellen Faktoren – sogenannte Provokationsfaktoren– zu identifizieren.

Wie wird Neurodermitis behandelt?

Die richtige Behandlung kann mehr verändern als nur eine Neurodermitis
Neurodermitis ist eine individuell sehr unterschiedlich ausgeprägte Hauterkrankung. Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Symptome und muss in enger Zusammenarbeit mit einem Dermatologen abgestimmt werden, um das optimale Behandlungsergebnis zu erreichen. Deshalb gibt es auch nicht nur eine mögliche Therapie der Neurodermitis. Es gibt verschiedene Behandlungsoptionen, die mit einem Dermatologen besprochen werden sollten, um gemeinsam ein geeignetes, langfristiges Therapiekonzept zu finden.

Tipps für den Alltag

Erfahren Sie hier, was sie selbst tun können, um die Schutzfunktion Ihrer Haut zu stärken.

  • Achten Sie beim Kauf von Pflegeprodukten auf die Inhaltsstoffe – am besten seifenfreie und pH-neutrale Mittel ohne Parfüm verwenden.
  • Duschen Sie lieber, anstatt sich lange in ein heisses Bad zu legen. Tupfen Sie sich danach trocken – nicht reiben.
  • Bei heftigem Juckreiz können kühle Umschläge Linderung verschaffen.
  • Am wohlsten fühlt sich die empfindliche Haut in lockerer Baumwoll- oder Seidenkleidung. Vermeiden sie enge, raue und synthetische Kleidung.
  • Neue Kleidungsstücke vor dem Tragen unbedingt waschen und alle Etiketten entfernen.
  • Schweiss kann die Haut reizen und Juckreiz hervorrufen. Deshalb für den Sport atmungsaktive Kleidung verwenden.
  • Sorgen Sie zuhause und bei der Arbeit für kühle und gut gelüftete Räume.
  • Verzichten Sie auf Haustiere in der Wohnung.
  • Achten Sie bei der Berufswahl darauf, Tätigkeiten mit ständigem Tier-, Pflanzen oder Wasserkontakt zu vermeiden.

Lernen, mit Neurodermitis umzugehen

Neurodermitis – verstehen und akzeptieren
Neurodermitis kann sich von Person zu Person stark unterscheiden. Das Spektrum reicht von milden, symptomarmen Ausprägungen bis hin zu schweren Verlaufsformen. Je besser Sie Ihre Neurodermitis kennen, desto leichter fällt Ihnen der Umgang damit.

Neurodermitis ist eine chronische Erkrankung. Das heisst, sie ist nie ganz geheilt. Aber man kann lernen, damit umzugehen. Der wichtigste Schritt dabei ist die richtige und frühzeitige Diagnose: Erst dann können Sie sich damit auseinandersetzen und die Krankheit als einen Teil von Ihnen akzeptieren. Nur wer über die Erkrankung, deren Entstehung und Behandlungsmöglichkeiten Bescheid weiss, kann Ängste und Unsicherheiten aus dem Weg räumen. Dies führt zu einem selbstbewussten und situationsangepassten Umgang mit sich selbst und mit Aussenstehenden.

Wissenswerte weiterführende Informationen
www.aha.ch

​​​​​​​Allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde auf die gleichzeitige Verwendung geschlechtsspezifischer Sprachformen verzichtet.
​​​​​​​Sämtliche Personenbezeichnungen gelten aber selbstverständlich für alle Geschlechter.

MAT-CH-2301619-2.0-12/2023